Das Original-Grillagerezept der Krefelder Konditorei Hermann Wilms aus Krefeld?

Der Bäckermeister und Konditor Josef Nawrath aus Donaueschingen hat in der Krefelder Konditorei „Hermann Wilms“ seinen Konditor gemacht und uns eine hoch interessante Grillage-Rezeptur zugeschickt.
Interessant in zweierlei Hinsicht:

  • Handelt es sich bei der Rezeptur um das Originalrezept aus der Krefelder Konditorei Wilms? Die Grillagetorte soll 1908 vom Krefelder Konditor Hermann Wilms aus der Taufe gehoben worden sein.
  • Bei der Herstellung der Torte wurde eine besondere Schere benutzt. Josef Nawrath bezeichnet diese als „Tortenschere„. (Mir ist diese Art, eine Torte mit einer Schere zu schneiden nicht bekannt)

1953, noch vor seinem 23. Geburtstag, machte Josef Nawrath in Dortmund die Bäckermeisterprüfung. Seine Konditorausbildung absolvierte er von 1959 bis  1961 im Cafe´„Hermann Wilms“ und schloss sie mit der Gesellenprüfung zum Konditor ab.  Später machte er sich im  selbständig.


Das Original-Rezept von Hermann Wilms, Krefeld
Herr Nawrath schildert uns folgende Vorgehensweise für ca. 50 -55 Böden:

„Baisermasse
Mit 2 Liter Eiweiß und 2.200g Zucker wurde die Baisermasse etwas warm und kalt angeschlagen, anschließend kamen 1.600g geriebene Nüsse/Mandeln gerieben, vermischt mit 150g Weizenpuder hinein.

Mit einem Ring wurden dünne Böden auf gefettete (Trennwachs damals) Bleche gestrichen und ganz leicht braun gebacken, dann sofort noch heiß vom Blech auf den flachen Tisch zum Abkühlen gelegt.

Zwei Personen waren bei dieser Masse gut beschäftigt und sie ergab etwa 50-55 Böden, die dann auf Papptellern in Kartons gelagert wurden.

Weitere Verarbeitung.

Meist wurden vier(!) Torten gleichzeitig eingesetzt. Die unteren Böden wurden mit Kuvertüre bestrichen und Ringe aufgesetzt. Zwei Liter Sahne wurden geschlagen (mit einem großen Bläser), im Winter sechs Blatt, im Sommer 8 Blatt Gelatine aufgelöst und untergezogen, jeweils eine Hand voll Schokostreusel und Schokospäne untergezogen, dann die Torten zusammen gesetzt mit jeweils zwei weiteren Baiserböden, den Ring mit Sahne glatt abgestrichen, Schokostreusel und Schokospäne obenauf (nicht zu viel) und den Torteneinteiler aufgedrückt.

 Verkaufsfähig gemacht

Hinweis: diese Art der Grillagetorte wurde nie gefroren.

Nach einer Abstehzeit im Kühlschrank für die Gelatine wird der Ring abgezogen und jeweils der oberste und der mittlere Boden mit der Schere geschnitten, die Torte rundum wieder eingestrichen und zum Verkauf gegeben.“

Die Tortenschere – die Geschichte

Zu seiner Arbeit mit der Tortenschere hat Herr Nawrath uns eine kleine Anekdote erzählt:

„Das Café Wilms war im Krieg durch Bomben zerstört worden und wurde nach dem Krieg als Provisorium weitergeführt. Herr Wilms Senior konnte später das Café aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr weiterführen. Und ein Nachfolger, der das Café weiterführen konnte, ließ sich nicht finden. Als ich meine Lehre beendet hatte, wurde das Café Wilms schlussendlich abgerissen.


Ich durfte einige kleine Gerätschaften mitnehmen, darunter auch die „Tortenschere“ (s.o.), die ich als sehr praktisch empfunden habe. Von 1962 bis 1972 und im Anschluss bis 1975 hatte ich jeweils einen Pachtbetrieb in Mettmann und in Düsseldorf.  Die Tortenschere hat mir dabei immer sehr gute Dienste erwiesen. Man kann jede frische Sahnetorte, vor dem Einstreichen, oben einschneiden und bekommt dadurch ein einzelnes Stück sauber geschnitten auf das Tablett oder den Teller, vor allem die Grillagetorte mit ihren krossen Baiserböden. Ich wundere mich, dass diese Idee mit der Schere nicht weiter verbreitet ist. Natürlich ist nur die spezielle Schere brauchbar, die lang und dünn ist.“

Wir bedanken uns bei Josef Nawrath dafür, dass er und das Originalrezept der Konditorei Wilms aus Krefeld überlassen hat.